Kommentare, Analysen und kurze Beschreibungen zu interessanten Wetterlagen oder Wetterphänomenen in der Schweiz

Dienstag, 30. November 2010

Winterwetter in allen Facetten

30. November 2010: Tiefer Winter auf etwa 1260 m oberhalb der Sattelegg/SZ
Der meteorologische Herbst geht winterlich zu Ende, vor allem die Morgentemperaturen gaben heute zu reden. Im Mittelland wurden verbreitet -8 bis -12 Grad mit einigen Ausreissern nach unten gemessen. In den höher gelegenen Regionen mit markanten Kaltluftseen (Goms, Oberengadin, Jura) gab es -20 bis -25 Grad. Mit -31.4 Grad wurde es in La Brévine/NE, 1048m einmal mehr am kältesten.

Seit Messbeginn im Jahr 1959 wurde heute an dieser Station die tiefste Novembertemperatur gemessen (nach -28.0 Grad am 21. November 1971). Allerdings schlägt hier die Statistik voll zu: nur ein Tag später würde der Wert dem Dezember zugeordnet und ginge in der Statistik unter (in 50 Jahren gab es 21x Temperaturen von unter -30 Grad). Der tiefste vergleichbare Wert aus den ersten Dezembertagen stammt mit -33.0 Grad vom 2.12.1973 (Datenquelle: MeteoSchweiz).

Na ja, Rekord hin oder her - es war sehr kalt, aber wunderschön, zumindest am Vormittag. Neben dem vielen Schnee gab es heute in der Natur einige andere Phänome zu bewundern:

Seerauch:
Seerauch am Sihlsee
Am Sihlsee hatte die Luft am Morgen eine Temperatur von -15 Grad, das Wasser ist aber noch etwa +4 Grad warm. Der See wärmt nun die unterste Luftschicht auf, gleichzeitig verdunstet auch Wasser in diese Schicht hinein. Die erwärmte und angefeuchtete Luft steigt auf und mischt sich mit der darüber liegenden Kaltluft. Ein Teil der Feuchte kondensiert dabei wieder und es entsteht Seerauch.

Oberflächenreif:
Oberflächenreif am Ufer des Sihlsees
Ebenfalls am Sihlsee sind am Ufer wunderschöne Oberflächenreifkristalle entstanden. Diese federähnlichen Kristalle haben sich während einer einzigen klaren Nacht durch Sublimation (genaugenommen Resublimation) gebildet. Dies ist nur dank des hohen Feuchteangebots und der grossen Temperaturunterschiede zwischen der Luft und dem Wasser möglich.


Aureole (Hof und Kranz um die Sonne):
Aureole

Dieses optische Phänomen wird durch kleine Wassertröpfchen in mittelhohen Wolken ausgelöst. Physikalisch gesehen handelt es sich um ein Beugungsophänomen.

Nebensonne:
Nebensonne
Hier handelt es sich um eine Haloerscheinung, ausgelöst durch die Brechung des Sonnenlichts an plättchenförmigen Kristallen in Eiskristallwolken in grosser Höhe.

Schön war's, heute durch die Natur zu streifen und endlich wieder einmal Zeit zum Schauen (und bloggen) zu haben. Bleibt zu hoffen, dass der Winter so weiter geht...

Dienstag, 16. November 2010

Abrupter Wetterwechsel: vom Föhn zum Genuatief

Nun sind sie also vorbei, die ausgesprochen milden Novembertage und -nächte. Der Wechsel war ziemlich abrupt, wie nebenstehende Grafik mit dem Temperaturverlauf über die letzten 3 Tage zeigt. In Glarus und Altdorf erfolgte der Wechsel von Sonnenschein, Föhn und Temperaturen von 20 Grad hin zu trüben Verhältnissen mit Schneefall innert 30 bis 36 Stunden (wobei in Altdorf hat's nur kurz geschneit):

Temperaturverlauf (10min-Werte) der Stationen
Glarus, Altdorf und Zürich/Kloten der letzen 3 Tage.
Quelle: MeteoSchweiz
Dafür verantwortlich war einmal mehr ein Genuatief, welches eine Gegenstromlage ausgelöst hat. Mit Ausnahme der deutlich schwächeren Bise war die Wetterlage praktisch genau gleich wie beim Wintereinbruch Ende Oktober:

Genuatief "Emilya" - praktisch die identische Wetterlage
wie beim letzten Wintereinbruch am 25. Oktober 2010
Quelle: http://www.wetterpate.de/
Die beteiligten Luftmassen waren allerdings 1 bis 2 Grad kälter. Zudem hat die Niederschlagsabkühlung besser gewirkt (höhere Niederschlagsintensitäten und weniger Wind), sodass es doch vielerorts für etwas Schnee(matsch) bis ganz runter gereicht hat. Siehe dazu auch den Bericht von MeteoSchweiz.

Von den Temperaturen her sind wir jetzt aber etwa auf einem jahreszeitüblichen Niveau (für Zürich am 17. November: +2 bis +7 Grad, Tagesmittel +4 Grad.) Auch wenn das Fröilein im Radiowetterbericht heute schlotternd zu berichten wusste: „….morgen (17. Nov.) gibt es höchstens +5 Grad, das ist deutlich zu kalt für die Jahreszeit…“.

Samstag, 13. November 2010

Sehr milde Novembernacht

Gestern hat „Carmen“ die Schweizer Sturmtiefsaison des Winterhalbjahres 2010/11 eingeläutet hat (Bericht von MeteoSchweiz). Das Ganze lief relativ gesittet ab, vereinzelte Schadensmeldungen gab es aus dem Kanton Basel Land.

Interessant waren dann allerdings die Temperaturen in der vergangenen Nacht. Milde Meeresluft und anhaltender Südwestwind sorgten im Flachland für hohe Nachtminima. Spitzenreiter war Basel mit einem Tiefstwert von 14.9°C, im Mittelland wurden an den vom Wind beeinflussten Stationen 12 bis 13°C gemessen. Dort wo der Wind abstellte (Voralpentäler) bildete sich ein Kaltluftsee, teils auch Nebel, beispielsweise in Meiringen (Minimumtemperatur 4°).

Der Blick auf die historischen Temperaturreihen sagt folgendes: In Basel und vielerorts im Mitteland war es die wärmste Novembernacht seit dem 4.11.1977. Damals wurde in Basel ein Nachtminimum von 16.6°C gemessen. Kein Wunder, dass die Wetterlage praktisch dieselbe war: 
 
Westlage vom  4.11.1977
Quelle: wetterzentrale.de
 
Westlage vom 13.11.2010
 Quelle: wetterzentrale.de
Noch höhere Nachtminima sind zu dieser Jahreszeit nur mit Hilfe von Föhn in den Alpentälern möglich. In der Nacht vom 4. auf den 5. November 1994 ist das Thermometer in Altdorf nicht unter 19.8°C gesunken, in Vaduz wurde mit 20.1°C sogar eine Tropennacht registriert. Bleibt die Frage, ob diese Rekorde mit der kommenden Föhnlage gefährdet sind? Nicht ganz ausgeschlossen, aber ich denke eher nicht.

Donnerstag, 4. November 2010

Sonnige und sehr milde Novembertage

Der November macht seinem schlechten Ruf im Moment keine Ehre. Anstelle von trüb-kaltem Hochnebelwetter beschert er uns für ein paar wenige Tage Sonnenschein und milde Temperaturen. Mit Ausnahme der Schneekanonen-Betreiber wird das wohl kaum jemand stören. Auch der in den Bergen gefallene Oktoberschnee wurde schon arg dezimiert, was jedoch nicht ungewöhnlich ist.

Im Moment sind wir jedenfalls im Einflussbereich von Luftmassen, welche ursprünglich vom subtropischen Atlantik aus etwa 30° nördlicher Breite stammen (s. Bild unten). Die herangeführte Luft ist recht trocken, einzig am Jura und in der Nordwestschweiz ist es durchwegs etwas feuchter und die Besonnung deutlich reduziert.

120-stündigeRückwärtstrajektorie
(Luftmassenherkunft) für verschiedene
Höhen. rot=500m; blau=3000m
grün=5000m. Quelle: NOAA/ARL
 Heute stieg das Thermometer vielerorts auf etwa 18 Grad - diese Maxima sind noch etwa 2 bis 3 Grad von den absolut höchsten Novembertemperaturen entfernt. Die Nullgradgrenze lag heute bereits auf etwa 3500 Metern. Auf morgen steigt sie noch ein paar hundert Meter höher - der November Rekord von 4150 Metern (gemessen am 6.11.1992, Radiosonde Payerne/VD) wird höchstwahrscheinlich aber nicht erreicht. Im Flachland werden morgen die Höchstwerte von heute wohl auch nicht mehr erreicht, da sich in der klaren Nacht ein markanter Kaltluftsee (inklusive Nebelfeldern) bildet.


Auf jeden Fall war heute jeder ein Glückspilz, der ein paar Stunden draussen sein konnte. Ich zähle mich auch dazu (trotz Nachtdienst-Jetlag…), die Fotos sind vom Horgenberg/ZH.