Kommentare, Analysen und kurze Beschreibungen zu interessanten Wetterlagen oder Wetterphänomenen in der Schweiz

Samstag, 31. Dezember 2011

Jahresrückblick - in nackten Zahlen

Die vier Jahreszeiten im 2011: Frühlingsblumen Gottschal-
kenberg am 20. April; Alpkuh im Rigigebiet am 16. Juli;
Buchen auf der Buechenegg am 29. Oktober; viel Schnee
zwischen Haggenegg und Hochstuckli am 29. Dezember
In den vergangenen Tagen wurden ja diverse recht interessante meteorologische bzw. klimatologische Jahresrückblicke in Wort und Bild veröffentlicht, hier ein paar Beispiele aus der Schweiz und Österreich:

in Bildform:
- MeteoSchweiz
- Fotometeo-Blog
- Alpenwetter-Blog

in Textform:
- MeteoSchweiz
- ZAMG
- wetter.tv-Wetterblog

Hier noch mein Senf zum Wetterjahr 2011, und zwar in nackten Zahlen mit Höchst- und Tiefstwerten aus dem Messnetz von MeteoSchweiz (automatische Stationen und Klimastationen):

Höchste Temperaturen:
36.8°C am 22. August 2011 in Sion/VS
35.6°C am 22. August 2011 am PSI-Würenlingen/AG
35.4°C am 22. August 2011 in Chur/GR

Tiefste Temperaturen:
-26.4°C am 22. Januar 2011 in Buffalora am Ofenpass/GR
-25.5°C am 24. Januar 2011 auf dem Jungfraujoch
-25.4°C am 23. Januar 2011 in Samedan-Flugplatz/GR

Grösste Tagessummen (24h) Niederschlag:
129.4mm am 18. September 2011 in Stabio/TI
122.5mm am 18. September 2011 in Locarno/TI
119.3mm am 18. September 2011 auf Cimetta/TI


Grösste Neuschneemengen (24h):
111cm am 20. Dezember 2011 in Oberwald/VS
63cm am 18. Dezember 2011 in Blatten/VS
60cm am 20. Dezember 2011 in Elm/GL

Sonnigste Orte (Jahressumme in Stunden):
2397h in Montana/VS
2345h in Locarno/TI
2338h in Sion/VS

Grösste Böenspitzen Berge:
176km/h am 16. Dezember 2011 auf dem Säntis
174km/h am 16. Dezember 2011 auf dem Chasseral
159km/h am 16. Dezember 2011 auf dem Pilatus

Grösste Böenspitzen Niederungen (<800m):
143km/h am 16. Dezember 2011 in Rünenberg/BL
133km/h am 7. Juli 2011 in Oberägeri/ZG
132km/h am 16. Dezember 2011 in Cressier/NE

Tiefste relative Luftfeuchtigkeiten:
1.2% am 7. März 2011 auf dem Säntis
1.5% am 7. März 2011 auf dem Weissfluhjoch
2.2% am 21. Oktober 2011 auf dem Jungfraujoch
na ja, die Zehntel sollte man hier eigentlich weglassen, so hoch ist die Messgenauigkeit auch wieder nicht...

Höchster Luftdruck:
1045.1hPa am 26. Dezember 2011 in Meiringen/BE

Tiefster Luftdruck:
981.7hPa am 16. Dezember 2011 in Altenrhein/SG

In diesem Sinne ein guter Start ins 2012!

Montag, 26. Dezember 2011

November und Dezember 2011 - unterschiedlich wie Tag und Nacht

Satellitenbildvergleich Ende November vs. Ende Dezember 2011. Schnee und Eis sind in roten Farben dargestellt.
Wolken und Nebel sind weiss, grau und bräunlich. Quelle: MODIS/NASA

Eigentlich ist es ja nicht aussergewöhnlich, dass die Schneehöhe und die schneebedeckte Fläche zum Jahresende hin in den Alpen zunehmen. Aber im 2011 ist dies schon etwas speziell abgelaufen. Von 0 auf 100 sozusagen. Ende November lag nur in den Hochalpen Schnee, zu Weihnachten liegt überdurchschnittlich viel Schnee in den Bergen, zumindest nördlich des Alpenhauptkamms.

Niederschlag Tagessumme (oben), Sonnenstunden (mitte)
und Schneehöhe (unten) an den Stationen Glarus, 517m und
Säntis, 2502m in Nov. und Dez.11. Quelle: MeteoSchweiz
Nach dem mehr oder weniger hochdruckbestimmten, trägen November wurde im Dezember der Witterungsverlauf recht dynamisch. Der Verlauf der Parameter Niederschlag, Besonnung und Schneehöhe an den Stationen Glarus und Säntis zeigt eindrücklich, wie verschieden die Witterung in den zwei Monaten war. Schön dass wir in Mitteleuropa von so abwechslungsreichem Wetter profitieren dürfen.

Ganz nebenbei wurde im Dezember 2011 innerhalb von 10 Tagen sowohl der tiefste als auch der höchste Luftdruck des Jahres gemessen - auch dies ein Beweis für eine eher dynamische Witterung.

Für die Station Flughafen Kloten sind das folgende Werte (jeweils reduziert auf Meeresnivau, QFF):

Maximum: 1042.5 hPa, 26. Dezember 2011
Minimum: 983.1 hPa, 16. Dezember 2011 während des Sturms "Joachim".

Da sind wir übrigens noch einiges von den Rekordwerten entfernt, besonders nach unten gibt's noch Spielraum: Am 25. Februar 1989 wurden in Kloten ein Druck von 967.7 hPa gemessen. Nach oben hin ist nicht mehr so viel Platz: Der höchste Druck stammt mit 1047.4 hPa vom 3. März 1990.

Mittwoch, 30. November 2011

November 2011 - ein spezieller Monat

Alpe Ober-Überlut im Grossen Walsertal/Vorarlberg; 20. November 2011
Schneefrei, trocken, tolle Sicht - eigentlich perfektes Wanderwetter
Nun ist er also vorbei, der - meteorologisch gesehen - geschichtsträchtige November 2011.

Er hat uns verschiedenste Rekorde beschert, wie im Monatsrückblick von MeteoSchweiz nachzulesen ist.

Den Medien und dem einen oder anderen Meteorologen gefällt das natürlich. Solche Meldungen lassen sich nun einmal bestens verkaufen.

Mich persönlich macht dies eher nachdenklich, insbesondere die gemessenen Mitteltemperaturen in den Bergen.

Ein gutes Beispiel ist die Station Säntis auf einer Höhe von 2500 Metern. Hier reichen die Temperaturaufzeichnungen bis 1864 zurück, und der bisherige November-Rekord wurde nun um fast 2 Grad überboten. Schon ziemlich extrem. Hier die Tabelle mit den 10 wärmsten Novembermonaten. Der Normwert (Mittel der Jahre 1961-1990) beträgt übrigens -4.4°C:


Der grafische Verlauf über alle 147 Jahre ist auch noch interessant. Das tiefste Novembermittel lag bei -9 Grad (1879), das höchste bei +1.5 Grad (2011):

Verlauf des Temperaturmittels auf dem Säntis, 2500m im November der Jahre
1864 bis 2011. Daten: MeteoSchweiz
Hier könnte man auch direkt eine Trendlinie reinlegen - das überlasse ich aber den Statistikprofis. Eine Auswertung über alle drei Herbstmonate (September, Oktober, November) zeigt für die Station Säntis eine Temperaturzunahme von 0.14°C pro Dekade, also 1.4°C in 100 Jahren. Detailierte Auswertungen dazu sind auf der Klimaseite von MeteoSchweiz zu finden.

Freitag, 11. November 2011

Steigende Nebelobergrenze




Seit gestern ist die Obergrenze des Hochnebels um etwa 200 Meter angestiegen - über die meiste Zeit des Tages war sie auf etwa 1100 Meter zu finden. Also musste man heute ein wenig höher hinauf. Da ich am Wochenende arbeiten muss, habe ich den heutigen Tag noch einmal genutzt. Schön war's und es waren fast keine Leute unterwegs. Wann sitzt man bei solchem Wetter schon alleine auf dem Stöcklichrüz oberhalb von Lachen/SZ?
Die ansteigende Obergrenze hat für die Flachländer auch einen Vorteil: Die Luft unter der Inversion wird sauberer, da der "Dreck" auf ein grösseres Volumen verteilt wird. Schön zu sehen, beim Verlauf des PM10 in Zürich:
stündlicher Verlauf der Feinstaubkonzentration in Zürich. Mit der
ansteigender Obergrenze und etwas Bise wurde die Luft am 11.11. sauberer
Quelle: www.ostluft.ch
Dann noch ein paar paar Bilder die weniger mit Meteorologie, dafür umso mehr mit Flora und Fauna zu tun haben. Es gibt immer noch Blumen auf den Alpweiden  (in verschiedenen Entwicklungsstadien):
In Schattenlagen ist es bereits ganztags frostig - auch wenn sich über
der Inversion recht milde Luftmassen befinden.
Trotz meiner bescheidenen Ausrüstung und Fotokünsten habe ich
diesen Schwarm Kraniche im Sichtflug ;-) über dem Nebelmeer erwischt.
In der zweiten Nachmittagshälfte hat die Obergrenze angefangen abzusinken. Am Abend lag sie auf etwa 900 Metern. Wo im Norden zuerst nur ein Nebelmeer war, ist auf einmal eine "Insel" aufgetaucht. Es war das Hörnli im Züricher Oberland. Die Meteo-Sensoren auf dem Turm haben diesen Vorgang auch aufgezeichnet. Die Luftfeuchte ist plötzlich gesunken:

Mit dem Absinken war auch die Oberfläche des Nebelmeers auf einmal nicht mehr glatt, es gab schöne Strömungseffekte zu sehen. Wenn man genau hinschaut, erkennt man auch noch eine weitere Inversion, an der sich Rauch ausbreitet:

Zum Abschluss dann noch ein prächtiger Sonnenuntergang - was will man mehr?:

Donnerstag, 10. November 2011

Die neue Hochnebel-Omega-Lage


Nach dem Föhnsturm im Norden und den Starkniederschlägen im Süden (s. Berichte (1), (2)), sowie dem Sturm mit tropischen Charakter im Mittelmeer sind wir nun wieder ins alte Wetterlagenmuster der vergangenen Wochen zurückgefallen: Ein riesiges Hoch liegt über dem europäischen Kontinent und blockiert sämtliche atlantische Fronten in ihre Verlagerung nach Osten. Auf der Wetterkarte schaut das in etwa so aus:

IR-Satellitenbild und Strömungsverhältnisse (grüne Linien)
auf etwa 5500m. Donnerstag, 10. Nov. 2011, 13 Uhr
Quelle: www.satreponline.org
Diese Konstellation wird als „Omega-Blocking“ bezeichnet. Das Omega hat weder mit der bekannten Uhrenmarke noch mit „Mega“ etwas zu tun. Die Strömung erinnert schlicht und einfach an den griechischen Buchstaben . Hat sich  ein solches Omega einmal installiert, so bleibt es über längere Zeit stationär. Befindet man sich an der West- oder Ostflanke von diesem Omega, so herrscht konstant Tiefdruckeinfluss. Im Zentrum des Omegas kann man von stabilem Wetter profitieren – im Flachland liegt dann zu dieser Jahreszeit halt auch zäher Nebel oder Hochnebel.

Aus der etwas stärker gezoomten Satellitenperspektive hat das heute kurz vor Mittag so ausgeschaut: 

Hochaufgelöstes Satellitenbild im sichtbaren Kanal
Donnerstag, 10. Nov. 2011, kurz vor Mittag
Quelle:
http://lance-modis.eosdis.nasa.gov
Viel, viel Hochnebel - auch nördlich der Schweiz übrigens. Ein breites Band erstreckt sich über Deutschland und die Nordsee hinweg bis nach Südskandinavien. Im ersten Satellitenbild ist das recht gut erkennbar.
 
Heute war die Suppe bereits recht zäh, und das wird in den kommenden Tagen wohl so bleiben. Die Obergrenze lag bei knapp 1000 Metern. Somit gibt es auf den Hügeln rund um Zürich (Albiskette, Lägern, Pfannenstiel) praktisch keine Sonne mehr.

Zum Glück muss man aber trotzdem nicht weit. Solange die Obergrenze nicht über 1000 Meter steigt, ist das Nebelgrau auf dem Weg nach Einsiedeln in der Talverengung bei Biberbrugg/SZ meist recht scharf abgegrenzt (nachmittags saugt der Talwind den Nebel dann meist bis zum Sihlsee hoch). Auf dem Gottschalkenberg oder der Höhrohnen ist man aber auf jeden Fall an der Sonne (roter Kreis im Bild). Nach Norden hin sah man nicht wie üblich den Zürichsee, sondern das Nebelmeer:
Blick vom "Bellevue" am Gottschalkenberg nach Norden. Hier wäre
das Zürichseebecken.
Am schönsten war's aber direkt an der Nebelgrenze bei Biberbrugg. Eindrücklick der Kampf von Wind, Sonne und Nebel:

Dienstag, 1. November 2011

Morgens an der Nebelobergrenze


Der November hat im Flachland vielerorts standesgemäss begonnen - mit Nebel. Zeit also, um wieder einmal den Sonnenaufgang an der Nebelobergrenze anzuschauen. Nach dem Nachtdienst war ich zwar nicht mehr so fit, aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Zudem war der Schlaf danach umso erholsamer...

Vor allem musste man nicht sehr hoch hinauf, der Albispass (791m) lag am frühen Morgen genau an der Obergrenze. Wobei die Aussage „genau an der Obergrenze“ ziemlich relativ ist. Die Nebelobergrenze ist praktisch nie konstant, die Nebelsuppe „wabert“ hin und her.

So sind auch kurzfristige Änderungen um 100 bis 200 Meter jederzeit problemlos möglich. Weil das Nebelmeer von gestern auf heute langsam um etwa 200 Meter abgesunken ist, war die Obergrenze generell nicht sehr einheitlich.

Am frühen Morgen ist der Nebel mal von Westen, mal von Osten über den Pass geschwappt und hat für wunderschöne Stimmungen gesorgt:





Zum Abschluss gab's dann noch ein Brockengespenst (Schatten des Beobachters im Nebel) und eine schöne Glorie (Farbringe) zu bewundern. Die farbigen Ringe entstehen durch Beugungseffekte an den kleinen Nebeltröpfchen. Mehr zu diesen optischen Phänomenen ist beim "Arbeitskreis Meteore" zu finden:



Mittwoch, 26. Oktober 2011

Die Föhnsaison hat begonnen

Wurde auch Zeit, denn schliesslich bewegen wir uns schnurstracks in Richtung herbstliches Föhnmaximum. Der November ist über’s Jahr gesehen immerhin der Monat mit am zweitmeisten Föhnstunden:

Anzahl der mittleren Föhnstunden pro Monat im Rheintal. Quelle:
Arbeitsgruppe Föhnforschung Rheintal-Bodensee (www.agf.ch)
Nicht nur den Wanderer freut’s, auch das Meteorologenherz schlägt höher wenn der Föhn bläst. Vor allem dann, wenn man zuerst die Prognose macht und dann den Föhn in freier Wildbahn geniessen kann. Grob gesagt hat der Föhn zwei Tage gedauert (24. und 25. Oktober). Am 24. hat es sich um einen klassischen seichten Föhn gehandelt, welcher mehr oder weniger nur unterhalb von etwa 3000 Metern spürbar war. Am Jungfraujoch hatte es anfangs sogar noch Nordwind:

Windverlauf in Altdorf und auf dem Jungfraujoch. Blau markiert ist
die windschwache Phase auf dem Jungfraujoch
Die Details zum seichten Föhn gibt’s in diesem Artikel, den ich vor ein paar Jahren für die Gleitschirmpiloten verfasst habe. Markant war auch in diesem Fall Folgendes:
  • die Sicht war nicht extrem gut (kein Niederschlag im Süden der die Luft säubert), sondern eher wie bei einer normalen Hochdrucklage
  • in einer ersten Phase war es praktisch wolkenlos

Abgesehen vom extrem böigen Wind („gehen gehemmt“ nach der Beaufort Skala) gab es also visuell kaum Anzeichen für Föhn:
Blick vom Palfries oberhalb vom Sarganserland über den
Tschugga nach Süden. 
Am Folgetag (25.10.) war der Föhn dann voll entwickelt (hochreichend), allerdings hatte es auch recht viel Gewölk am Himmel. Im Rheintal auf Höhe Sennwald (CH) – Feldkirch (A) gab’s am Nachmittag eine eindrückliche Föhngrenze zu bewundern. Auf kurzer Distanz änderte sich die Temperatur um etwa 10 Grad. Die von Norden heranrückende, bodennahe Kaltluft war am Dunst sehr schön zu erkennen. Im teils trockenen Flussbett des Rheins hat der kalte Nordwind sogar Staub aufgewirbelt:

Wenige Kilometer talaufwärts blieb der böige Südwind erhalten, dies bei bester Sicht und angenehmer Wärme:
Blick vom Grabserberg nordostwärts ins Rheintal. Der Hügel etwas rechts der Talmitte ist der Schellenberg.
Auf der orografisch rechten Talseite ist die bodennahe Kaltluft über das Liechtenstein schon weiter südwärts
vorgestossen als auf der linken Seite

Dienstag, 11. Oktober 2011

Sommertag im Tessin und Misox

11. Oktober 2011: Blick von Motto della Croce, 1255 m nach Bellinzona
nach Norden gehts in die Leventina/Blenio, nach Osten ins Misox
Schon spannend, was das Schweizer Wetter im Umkreis von wenigen Kilometern so bietet. Vorgestern und gestern extreme Schnee- und Regenmengen auf der Alpennordseite, heute ein wunderbarer Sommertag im Tessin. Mir wars eigentlich fast schon zu warm, zumindest beim Aufwärtslaufen...

Schwacher Nordwind sorgte für sehr klare Luft und damit gute Einstrahlung. Allerdings hat der Nordwind nicht voll vom Gotthard runtergemischt, sonst wären durchaus noch höhere Temperaturen dringelegen. Und der in Radio und Fernsehen verkündete wärmste Oktobertag seit 22 Jahren (1989) im Tessin ist auch leicht übertrieben. Grosszügig betrachtet war es allenfalls in Magadino und auf der Cimetta ähnlich warm wie vor 22 Jahren. Der bisher wärmste Oktobertag ist und bleibt mehr oder weniger im gesamten Tessin (und Misox) der 1. oder 3. Oktober 1997, aber das lässt sich halt schlecht verkaufen:

Links: Höchsttemperaturen vom 11. Oktober 2011 im Tessin und Misox, rechts zum
Vergleich die höchsten bisher gemessenen Oktoberwerte mit Datum. Quelle: MeteoSchweiz

Montag, 10. Oktober 2011

Der Schnee von gestern…

…wurde heute buchstäblich ins Unterland oder in die Alpenrandseen gespült, zumindest ein Teil davon. Schuld daran war massive Zufuhr von feuchter und recht warmer Luft. Mit der Warmluftzufuhr wurden auch neue Niederschläge ausgelöst, gleichzeitig ist die Schneefallgrenze auf etwa 3000 Meter gestiegen:

Verlauf der berechneten Schneefallgrenze an einigen Bergstationen.
Mit dem einsetzenden Niederschlag erfolgte ein rascher Anstieg auf
2500, später sogar auf 3000 Meter.
Mit dem nach wie vor vorhandenen Nordwestwind hat sich der Niederschlag am Alpennordhang intensiviert. Innert einer Zeitspanne von etwa 18 Stunden sind 40 bis 70, lokal sogar über 100 mm Regen gefallen:

Radarsumme über 24h (farbig) und Messwerte von einigen Bodenstationen. Der Hauptniederschlag ist etwa innert 18h gefallen. Gegen Westen hin ist die Radarsumme des Niederschlags wahrscheinlich zu tief, da die Daten vom Radar La Dole fehlen. Quelle: GIN-Informationsplattform,die Daten der Station Glattalp habe ich händisch eingefügt.

Regen und Schneeschmelze haben für einen extrem schnellen Anstieg der Pegel gesorgt, dies besonders im Berner Oberland und in der Zentralschweiz. Hochwasser mit einer Jährlichkeit von 10 bis 30, an der Kander sogar 100 Jahren - und teils grössere Schäden an der Infrastruktur - waren die Folge.

Dass ein solch kombiniertes Ereignis auftreten kann ist eigentlich bekannt. Dass es aber im Oktober auftritt, ist äusserst ungewöhnlich. Normalerweise sind im Frühjahr oder allenfalls im Winter (Stichwort Weihnachtstauwetter) Hochwasser durch Regen und Schneeschmelze möglich. Aber auch hier relativ selten, weil drei Faktoren zusammenstimmen müssen:
  • hohe Nullgradgrenze
  • ergiebiger Niederschlag (in Form von Regen bis in grosse Höhen) 
  • viel Schnee in den Bergen

Das bekannteste Hochwasser dieser Sorte war jenes vom 19.-22. Mai 1999 (Pfingsthochwasser). Hier gab es eine folgenschwere Kombination:
  • überdurchschnittlich Schneemengen in den Bergen 
  • Starkregenereignis Mitte Monat (nasse Vorgeschichte) 
  • 5b - Lage am 19.-22. Mai 1999 mit 90-160 mm Niederschlag 
  • Nullgradgrenze über 2000 m
Beim BAFU ist darüber eine ausführliche Fallanalyse zu finden.

Doch zurück zum aktuellen Ereignis. Heute Nachmittag habe ich an der Sihl bei Langnau am Albis noch ein paar Fotos gemacht. Das Einzugsgebiet der Sihl lag zwar am Rande des Geschehens, die Dynamik der abfliessenden Wassermassen war trotzdem recht eindrücklich. Immerhin hat es mit einem maximalen Abfluss von 158 m3/s fast für ein 5-jährliches Hochwasser gereicht:
Abfluss (blau) und Pegel (schwarz) der Sihl beim Sihlhölzli.
Quelle: GIN-Informationsplattform

Sihl bei Langnau am Albis, 10. Oktober 2011, ca. 15 Uhr


Weitere Berichte und Daten:
MeteoSchweiz
SF-Meteo


Sonntag, 9. Oktober 2011

Eine Ladung Schnee

Das war er also, der zweite gröbere Wintereinbruch vom meteorologischen Herbst. Die Kaltluft verursachte einen ziemlichen Knick in der Temperaturkurve. In Davos hat es gestern sogar für einen Eistag gereicht - ein seltenes Phänomen in den ersten zehn Oktobertagen (letztmals im 2003 und 1974):
Temperaturverlauf (Stundenmittel) seit Anfang Oktober
in Davos, 1595 m und Glarus, 517 m
Das markantere Ereignis waren aber sicher der Niederschlag. Ziemlich extrem wie es da im Nordstau runtergehauen hat. Gestern lag die Niederschlagsintensität über längere bei 2 bis 5 mm/h. Mit dem stürmischen Nord- bis Nordwestwind wurde der Niederschlag auch recht weit in die Alpen hinein verfrachtet. 

Der Schwerpunkt lag aber klassischerweise zwischen vom östlichen Berner Oberland über die Zentralschweiz und das Glarnerland bis nach Nordbünden. Wobei das Glarnerland seinem Ruf als Schneeloch wieder einmal alle Ehre gemacht hat. Oberhalb von etwa 1700 m haben die automatischen Stationen vom SLF im hinteren Glarnerland teils 100 cm Schnee gemessen. Auch auf der Glattalp (nur wenig weiter westlich) gab es an der Station vom Elektrizitätswerk ein guten Meter Schnee. 

Schneehöhen an den bemannten Stationen
des SLF und von MeteoSchweiz
Während der intensivsten Phase ist die Schneefallgrenze im Muotathal, im Glarnerland und im Churer Rheintal auf etwa 600 Meter gesunken - die Niederschlagsabkühlung lässt grüssen.

An den bemannten Stationen, die sich in der Regel in etwas tieferen Gefilden befinden, wurden heute Morgen Schneehöhen bis 60 cm gemessen. Recht eindrücklich, wenn im Oktober auf 1300 Meter 60 cm Schnee liegen. Ich habs mir heute in Braunwald angeschaut - der Beobachter hat sicher nicht übertrieben:



Braunwald, 9. Oktober 2011
Gleitschneeriss
Der Boden ist noch recht warm, so schmilzt der
Schnee von unten her (ohne Salzeinsatz...)