Kommentare, Analysen und kurze Beschreibungen zu interessanten Wetterlagen oder Wetterphänomenen in der Schweiz

Freitag, 2. November 2012

Föhnwolken und Kelvin-Helmholtz-Wellen

Satellitenbild (HRV-Kanal) und Satrep, 31. Oktober 2012
12 UTC. Quelle: eumetrain
Der Oktober hat uns unglaublich viele spannenden Wetterlagen beschert, und wir konnten in rascher Abfolge fast alle Jahreszeiten erleben.

Die Medien und die diversen Monatsrückblicke haben diese Themen ja bereits mehr oder weniger erschöpfend behandelt. Zu Ende gegangen ist der Oktober mehr oder weniger standesgemäss mit einer Föhnlage. Diese war nicht sehr ausgeprägt, hat aber ein paar schöne Wolkenbilder hervorgebracht.

Am Vormittag des 31. Oktober war es auf der Alpennordseite (ausserhalb des Nebels) lange Zeit wolkenlos. Gegen Mittag ist dann aus Süden ein markanter Deckel mit Warmluftbewölkung aufgezogen (s. Satellitenbild). Unterhalb von diesem Gewölk haben sich in den mittlerern Schichten zunächst schöne Föhnfische ("Altocumulus lenticularis") gebildet:

31. Oktober 2012, mittags. Blick von Walenstadtberg/SG nach Süden in die
Flumserberge. Die Föhnfische sind oben ausgefranst, die Föhnströmung
ist nicht sehr stark. Ganz unten im Bild ist noch ein Teil der sekundären
Föhnmauer am nördlichen Alpenkamm im Bereich Piz Segnas-Ringelspitz
zu erkennen.
Im weiteren Verlauf wurde die hohe Bewölkung dichter, und die Föhnfische haben sich angefangen aufzulösen. Dabei sind für kurze Zeit schöne Kelvin-Helmholtz-Wellen entstanden:

Kelvin-Helmholtz-Wellen über den Flumserbergen. Das Bild ist leicht
kontrastverstärkt.
Damit solche Wellen entstehen können, muss:
  • die Schichtung der Atmosphäre stabil sein
  • eine vertikale Windscherung vorhanden sein (Änderung der Windgeschwindigkeit und/oder der Windrichtung mit der Höhe)
Das Prinzip ist dasselbe wie bei einer brechenden Welle auf dem Meer.

Montag, 1. Oktober 2012

Hochnebel, Quellwolken und Nebelbögen

Pfaff/SZ, 2109m mit Blick zum Pfannenstock und Bös Fulen, 1. Oktober 2012:
Hochnebel mit Obergrenze auf etwa 2000m, darüber Quellwolken.
Gestern und heute gab’s ein prächtiges Nebelmeer zu bewundern, allerdings musste man hoch genug  hinauf.

Interessant an der aktuellen Hochnebellage ist vor allem deren Entstehung, es handelt sich nämlich nicht um eine klassische Bisen-Hochnebellage. Um das Ganze zu verstehen, muss man ein paar Tage zurückschauen:

Nach dem Föhnsturm vom 26. September ist unterhalb von etwa 3000 Metern feuchte Kaltluft eingeflossen, lokal hat’s bis auf 1400m runtergeschneit. Am 27. Und 28. September hat ein Zwischenhoch die Feuchte abgetrocknet, in der Grundschicht ist aber die kalte Luft erhalten geblieben. Tags darauf (29. September) ist in der Höhe aus Südwesten feuchte Warmluft aufgezogen. Dabei ist auch immer wieder Regen gefallen (im Flachland mehr als erwartet), durch den Regen wurde die bodennahe Kaltluft wieder angefeuchtet. In der Radiosonde von Payerne ist dieser Ablauf schön zu sehen:




Diese feuchte Kaltluft ist dann gestern und heute über uns liegen geblieben und hat ziemlich genau bis in eine Höhe von 2000 Metern gereicht. Darüber wurde die Luft etwas trockener, aber wegen der aus Südwesten heranziehenden Höhenkaltluft auch instabiler. Schlussendlich hatten wir zwei voneinander abgekoppelte Luftmassen: unten feuchte Kaltluft, oben mässig trockene und labil geschichtete Meeresluft.

Die Instabilität hat über der stabilen Hochnebelluft tagsüber für Quellwolkenbildung gesorgt. Zudem gab es gestern und heute den seltenen Fall von Schauern, die in die geschlossen Hochnebeldecke reinregneten.
Visuell das schönste Phänomen waren heute aber eindeutig die Nebelbögen. Ein paar davon konnte ich heute am Weg zum Pfaff, 2109m oberhalb der Glattalp/SZ fotografieren:

Zum Teil waren sogar die Sekundärbögen und die dunkle Zone dazwischen sichtbar. Die physikalische Erklärung zu diesem Phänomen ist bei meteoros zu finden.

Samstag, 15. September 2012

Es herbstelt...

Nun wird es langsam Zeit, den Blog wiederzubeleben. Vor allem weil man allmählich wieder über den Schnee schreiben kann...
Region Fronalpstock/SZ auf ca. 1800m, 14. September 2012
Nach den heissen Tagen im August hat es bis heute bereits zweimal deutlich unter die 2000-Meter-Marke geschneit (zum Monatswechsel und am 12./13. September). Die minmale Schneebedeckung in den Alpen (bzw. die maximale Ausaperung der Gletscher) wurde Ende August erreicht.

Der wärmste Tag des Jahres in den Bergen war eindeutig der 19. August, wie die Grafik mit den Tagesmitteltemperaturen auf dem Jungfraujoch zeigt. Die +8.8°C sind extrem und ein neuer Rekordwert seit Messbeginn im Jahre 1933 (bisher +7.7°C am 2.7.1952):


Am 19. und 20. August waren wir im Gebiet um den Oberalpstock unterwegs. Auf dem Brunnifirn lag auch zuoberst kaum mehr Winterschnee, und auf dem Gletscher musste man aufpassen, dass einem das Wasser nicht in die Schuhe rinnt...:

20. August 2012: Auf dem Brunnifirn, beim Aufstieg zum Oberalpstock
Hier noch ein Satellitenbildvergleich. Oben das Bild vom 19. August 2012, unten jenes von gestern. Nach den zwei erwähnten Kaltlufteinbrüchen schaut's mit der Schneebedeckung in den Alpen schon wieder besser aus:
Schnee und Eis (rot) am 19. August 2012. Quelle: MODIS/NASA

Schnee und Eis (rot) am 14. September 2012. Quelle: MODIS/NASA

Samstag, 12. Mai 2012

Doppler Radar oder Doppel Radar...?


Links: alter Radar, Baujahr 1994, rechts
neuer Radar, Baujahr 2012
Gestern wurde der neue Wetterradar auf dem Albis montiert. Am Abend habe ich im schönen Licht noch ein paar Bilder gemacht. Wer weiss wie lange man diesen Anblick noch geniessen kann, bevor der alte Radar demontiert und der Turm abgebrochen wird. Freue mich schon, bis das neue Gerät Niederschlagsbilder liefert...

Infos zum neuen Radarnetzwerk gibt's hier.



Dienstag, 10. April 2012

Eintägiger Föhn

Blick von Rüschlikon (Duttipark) über den Zürichsee in die Glarner Alpen
Der April ist eigentlich der föhnreichste Monat des Jahres, in diesem Jahr war davon bisher nicht viel zu spüren. Immerhin gabs heute mal eine richtige Föhnlage. Nach etwa 24 Stunden ist sie aber auch schon wieder zu Ende.

Ein paar Dinge waren interessant:

1.) Innert 48h hat der Gradient über den Alpen von etwa 13hPa Nordüberdruck auf ebensoviel Südüberdruck gewechselt. Schon eindrücklich wie rasch sich die Grosswetterlage umstellen kann.

Der Alpenraum von oben. Links die Nordwindlage vom Ostersonntag, rechts der Südföhn von heute. Eis und Schnee
sowie Eiswolken sind bläulich, Wasserwolken weiss. Quelle: NASA Modis


Auch hier: Links Nordwind, rechts Südföhn. Die blaue Linie ist die gemessene Druckdifferenz Kloten-Lugano, die
graue Linie die vom Modell berechnete.

2.) Obwohl im Süden bis am späteren Nachmittag praktisch kein Niederschlag gefallen ist, waren die Sichtverhältnisse im Norden sehr gut (s. Foto oben). Normalerweise wird die Föhnsicht im Norden erst gut, wenn die Luft mit dem Niederschlag im Süden "gewaschen" wir. Vermutlich war heute die herangeführte Luft durch den dynamischen Wetterverlauf der letzten Tage noch wenig gealtert und kaum mit Aerosolen angereichert.

3.) Die Föhntemperatur in Chur war heute zwei Grad höher als in Altdorf (18.8°C / 16.8°C). Das ist ungewöhnlich, normalerweise ist es genau umgekehrt. Ursache? - ich weiss es nicht wirklich. Altdorf hatte um die Mittagszeit etwas weniger Sonne als Chur. Das kann allerdings kaum soviel ausmachen. Eventuell spielt der Neuschnee vom Ostersonntag eine gewisse Rolle. In den Bündner Tälern hat's kaum geschneit, im Reusstal hingegen lag noch bis relativ weit herunter Neuschnee.

4.) Das Wind- und Temperaturprofil von der Radiosonde Mailand liess auf gute Wellenbedingungen für Segelflüge schliessen. Auch das experimentelle Produkt vom DWD zeigte schöne Wellenaufwinde im Osten der Schweiz:

Simulierte Vertikalgeschwindigkeit auf ca. 5500 m für heute um 16 Uhr
Lokalzeit. Quelle: flugwetter.de, kostenpflichtig
Bleibt die Frage, wie gut eine solche Prognose ist. Ich weiss es nicht. Aber die Schäniser Segelflieger waren heute unterwegs und haben im Bündnerland eine Höhe von 6000m erreicht. Schönes Bildmaterial und interessante Kommentare gibt's im Blog von Ernst Willi. Der Track des Fluges ist hier zu finden.

Sonntag, 8. April 2012

Frohe Ostern!

Damit der Wetterblog nicht vollständig verwaist, hier zumindest ein paar Wetterbilder vom heutigen Ostersonntag. Vor der Spätschicht hat's grad noch für einen kleinen Ausflug gereicht (Region Hüttnersee - Itlimoosweiher an der Kantonsgrenze ZH/SZ auf ca. 650m). Und ganz ehrlich gesagt: ich habe mich über den Schnee gefreut...

Hüttnerseeli

Ganz herzlichen Dank an die unbekannte Amazone für das schöne
Fotomotiv.
Den Osterhasen habe ich auch getroffen, er war bis zu den Ohren
eingeschneit...

Freitag, 16. März 2012

Wärmster Tag des Jahres...

16. März 2012. Blick von Oberrieden/ZH über den Zürichsee nach Osten.
Die Sonne ging um 6.46h genau zwischen dem Säntis und dem Altmann auf.
Eigentlich mag ich diese Schlagzeile überhaupt nicht, auch wenn man sie immer wieder hört und liest. Klingt halt schon ein wenig nach Rekord, und das gefällt den Medien. Auf jeden Fall lässt sich dieser Titel bis Ende August immer wieder verwenden, wenn man das mag...

Warm war's heute auf jeden Fall, aber eben nicht extrem. Und schon gar nicht wie heute im Radio gehört der wärmste "Mitte-März-Tag" seit über 30 Jahren. Im Jahr 2004 war es am 17. und 18. März ähnlich warm, an vielen Stationen sogar noch ein Grad wärmer. Die absoluten Märzrekorde stammen an den meisten Station übrigens vom Ende des Monats, was angesichts des zunehmenden Sonnenstandes auch nicht verwundert.

Heute Morgen habe ich nach dem Nachtdienst den Sonnenaufgang am Zürichsee fotografiert (s. oben). Die Sicht war extrem gut, die Dunstschicht über dem See war keine 100 Meter dick und ist kaum erkennbar. Am Nachmittag war ich noch kurz am Türlersee. Und siehe da, der See ist immer noch teilweise gefroren. Natürlich ist das kein Schwarzeis mehr, aber für leichte Tiere ist es nach wie vor tragfähig:

Türlersee, 16. März 2012. Am seichten Ufer ist der See aufgetaut, mehrheit-
lich ist er aber noch mit trübem und feuchtem Eis bedeckt.

Das zeigt wieder einmal, wie träge das Wasser auf Änderungen der Lufttemperatur reagiert. Dies gilt eben nicht nur für die Speicherung von Wärme, sondern auch für das Speichervermögen von Kälte.

Freitag, 9. März 2012

Die neue Wetterstation in Einsiedeln/SZ

9. März 2012: Blick vom Vogelherd oberhalb Einsiedeln auf den Sihlsee. Mit den etwa 10cm Neuschnee ist nocheinmal
ein winterlicher Eindruck entstanden. Am Schneemessfeld im Kloster wurde am Morgen eine Schneehöhe von 35 cm gemessen.

Seit vorgestern (7. März 2012) liefert die neue automatische Wetterstation von MeteoSchweiz in Einsiedeln Daten. Im Internet sind die 10-Minutenwerte hier verfügbar. Heute war ich in der Gegend unterwegs und habe die Station angeschaut. Scheint ein sehr guter Standort zu sein: relativ grosse, freies Feld zwischen zwei Häusergruppen ohne Hindernisse in der Umgebung:

Genauer Standort der Wetterstation (rotes Kreuz). Kartenquelle:
http://map.geo.admin.ch
Wetterstation Einsiedeln, 9. März 2012. Infos zum Messprogramm
der Station gibt's hier
 
Bisher wurde im Garten des Klosters eine Klimastation mit 3x täglicher Beobachtung betrieben, Messbeginn war im Jahre 1864. Somit steht hier eine ausserordentlich lange Beobachtungsreihe zur Verfügung, die nun mit der automatischen Station weitergeführt wird. Die Klimabeobachtung wird ebenfalls noch einige Jahre weitergeführt, um die Daten mit jenen der neuen Station vergleichen zu können.

Donnerstag, 23. Februar 2012

Der verdunstende Niederschlag


Blick von Oberrieden/ZH über den Zürichsee nach Südosten zu den Glarner Alpen. Ausgedehnte Warmfrontbewölkung (As op, Altostratus opacus) bedeckt den Himmel. Darunter ist die Luft noch sehr trocken (gute Sicht), in Bodennähe befindet sich mit Schmutz angreicherte Kaltluft (Inversion).

Die Bewölkung einer wenig niederschlagsaktiven Warmfront hat heute den Himmel auf der Alpennordseite mit einem Einheitsgrau überzogen. Nacht einer frostigen Nacht stiegen die Temperaturen ohne Sonne trotzdem auf 5 bis 7 Grad.

Das Radar zeigte heute zu viel Niederschlag... (Quelle: Meteo
Schweiz, Ausbildungsunterlagen für Naturgefahrenberater)
Die Warmfront hatte zwar etwas Niederschlag im Gepäck, davon ist aber kaum etwas am Boden angekommen. Dies hat einen einfachen Grund: Ein Grossteil des Niederschlags ist auf dem Weg nach unten in der trockenen Luft verdunstet - ein häufig zu beobachtendes Phänomen bei einsetzendem Warmfrontniederschlag.

In diesem Fall wird man auch durch das Radarbild getäuscht, welches den Niederschlag in der Höhe natürlich sieht (s. Bild links und Radarbilder von heute).

Die erste Niederschlagsstaffel hat die Schweiz in den Morgenstunden erreicht. Am Boden war davon gar nichts zu spüren:

Radarbild von heute Morgen um 8.15h, dieser Niederschlag
hat den Boden nicht erreicht
Erst mit der zweiten, etwas stärkeren Niederschlagszone konnte im Laufe des Vormittags am Boden da und dort kurzzeitig wenig Regen beobachtet werden:

Radarbild von heute Vormittag um 10h (9UTC), kurzzeitig
wurde gebietsweise leichter Regen beobachtet.
Verlauf der Niederschlagsdauer ("Tropfenzähler") an der Station
Grenchen/SO. Auch der Beobachter am Flugplatz hat um
9.50 und 10.20 UTC leichten Regen gemeldet.

Mit Hilfe der verschiedenen Messsysteme für die freie Atmosphäre kann man problemlos feststellen, in welcher Höhe der Niederschlag verdunstet ist. Zudem lässt sich auch die Schneefallgrenze aus den Daten rauslesen, was heute besonders interessant war. Dazu habe ich die Daten des Windprofilers von MeteoSchweiz in Grenchen verwendet:

Verlauf der Vertikalgeschwindigkeit des windprofilers Grenchen. Details
im Text. Die Daten der europäischen windprofiler sind beim UK-Metoffice
frei verfügbar
Dargestellt ist der zeitliche Verlauf der Vertikalgeschwindigkeit in m/s vom Boden bis in 8 km Höhe. Ist Niederschlag in der Atmosphäre, so fällt dieser mit einer bestimmten Fallgeschwindigkeit zur Erde.

Bei Schnee beträgt diese relativ unabhängig von der Flockegrösse etwa 1 m/s (grüne Farben im Bild links). Bei Regen ist die Fallgeschwindigkeit von der Tropfengrösse abhängig, "normaler" Regen fällt mit einer Geschwindigkeit von etwa 4 m/s (violett).

Somit lässt sich für den heutigen Niederschlagsverlauf über Grenchen folgendes sagen: Ab etwa 5 UTC hatte es in 5 km Höhe etwas Schnee in der Luft. Bis um 8 UTC haben sich die Schneeflocken bis auf 2 km Höhe "hinuntergearbeitet".

Danach gab's ein stündige Niederschlagspause (auch in den obigen Radarbildern zu sehen). Ab 9 UTC hat der Niederschlag wieder eingesetzt, zwischen 9.30 und 10 UTC hat er dann den Boden erreicht. In Höhenlagen zwischen 1500 und 2000 Metern ist der Schnee in dieser Zeit geschmolzen (Zunahme der Fallgeschwindigkeit). Die anderen zwei windprofiler (Payerne und Schaffhausen) zeigten einen recht ähnlichen Verlauf.

Radiosonde Payerne vom Donnerstagmittag.
In der Folge ist die (theoretische) Schneefallgrenze sogar noch etwas angestiegen (auf ca. 2200m), wie die Radiosondierung vom Mittag in Payerne zeigt. Allerdings ist dann kein Niederschlag mehr gefallen.

Unterhalb von etwa 1800 Metern war die Luft weiterhin recht trocken, selbst am Boden wurden noch negative Taupunkte gemessen.

Samstag, 11. Februar 2012

Erstes Februardrittel: Aussergewöhnlich kalt

Türlersee, 11. Februar 2012: Nach drei Jahren Pause wieder einmal zum Eislaufen freigegeben.
Da die Kältewelle nun schon einige Tage dauert, wird es Zeit für eine kleine Zwischenbilanz. Mittlerweile sind praktisch alle kleinen und viele mittelgrosse Seen gefroren und teils auch zur Begehung freigegeben. Heute war ich wieder einmal am Türlersee: Noch nie konnte ich auf so schönem Schwarzeis eislaufen, auch der lockere Schnee auf dem Eis stört nicht wirklich (gestört hat eher die kalte Bise...):

Türlersee, 11. Februar 2012: Herrliches Schwarzeis
Seit dem Zufrieren ist die Kältesumme von 65 auf knapp 160 gestiegen (berechnet mit den Stationen Zürich/Affoltern und Einsiedeln). In Zürich lag das Temperaturmittel für die ersten 10 Februartage bei -10.6°C (=Kältesumme von 106), ein eindrücklicher Wert. Deshalb habe ich einmal die Temperaturmittel der Station Zürich-Fluntern durchwühlt und ein ähnliches Ereignis gesucht. Fündig wurde ich erst im Jahr 1956, wo im ersten Februardrittel ähnliche Temperaturen gemessen wurden:

Temperaturabweichungen in den ersten 10 Februartagen der Jahre 1940 bis 2012
in Zürich.
Was hier allerdings gesagt werden muss: Das Vergleichskriterium ist relativ hart gewählt. Eigentlich müsste man überlappende Zeiträume von mindestens +/- 10 Tagen untersuchen. Denn ob eine 10-tägige Kälteperiode vom 21. bis 30. Januar oder vom 1. bis 10. Februar stattfindet, ist vom subjektiven Empfinden her wahrscheinlich ziemlich dasselbe - geht aber in dieser Auswertung verloren.

Samstag, 4. Februar 2012

Türlersee gefroren

Gefrorener Türlersee/ZH, 4. Februar 2012

Das ging jetzt aber schnell. Vor zwei Tagen präsentierte sich der Türlersee noch eisfrei (s. voriger Blogeintrag), heute Morgen war er praktisch komplett gefroren. Nur im nordwestlichen Seeteil hat's noch eine kleine Lücke (Seebelüftung). Ausschlaggebend für das rasche Gefrieren war wohl die klare, relativ windschwache und somit sehr kalte Nacht auf heute. Das Minimum lag hier irgendwo zwischen -15 und -20 Grad. Die Kältesumme (1.Nov. bis heute) beträgt nach meinen Berechnungen im Moment -65. Dazu verwende ich ein Mittel der Stationen Einsiedeln und Zürich-Affoltern.

Das Tolle dabei: Die Eisqualität ist genial - bestes Schwarzeis mit Sicht bis zum Boden und schönem Reif auf der Oberfläche. Zudem hat es im Moment noch wenig Risse im Eis. Solange die Bise heute nicht zu stark weht, dürfte dies wohl auch so bleiben:


Die Dicke habe ich nicht gemessen. Das Eis aber sicher noch zu dünn, um es zu betreten (am seichten Ufer trägt es aber bereits...). Da es weiterhin sehr kalt bleibt, sind die Chancen für eine Freigabe des Sees in den kommenden Tagen aber sicher recht gut. In der Regel muss sich eine mindestens 12cm dicke Eisschicht von guter Qualität bilden, damit der See für das Publikum freigegeben werden kann.

Zuständig für die Freigabe der Seen sind die jeweiligen Gemeindebehörden vor Ort. Für den Kanton Zürich gibt die Kantonspolizei jeweils zweimal wöchentlich ein Eisbulletin mit den Infos über gesperrte und freigegebene Seen heraus. Im Moment sind noch alle Seen gesperrt...

Donnerstag, 2. Februar 2012

Kalt und kälter

Türlersee/ZH, 2. Februar 2012
Jetzt ist sie also da, die lange erwartete (und vorhergesagte...) Kaltluft aus dem Norden von Russland.

Seit vergangenem Dienstag (31.1) sind die Temperaturen mit der auffrischenden Bise kontinuierlich gesunken. Tagsüber wurde der Rückgang mit der (schwachen) Einstrahlung jeweils etwas gebremst.

Aktuell werden im Flachland bereits recht verbreitet um die -8 Grad gemessen. Die Kaltluft ist in den unteren Luftschichten am ausgeprägtesten, wie ein Blick auf die Radiosonde Payerne/VD von heute Mittag zeigt:

Vertikale Messung der Temperatur (rote Linie), des Taupunkts (strich-
liert) sowie der Windrichtung (rote Pfeile) und Windgeschwindigkeit von
heute Mittag. In den unteren Schichten ist es mit -14°C auf etwa 1200
sowie auf 1700m am kältesten. Weiter oben hat es keine Bise mehr und die
Temperatur nimmt zu. Erst auf etwa 2700m sinkt sie wieder auf -14°C.

Die kälteste Luftmasse dürfte uns dann im Laufe des Samstags (4.2.) erreichen. Ein gutes Mass dafür ist der Temperaturverlauf in einer Höhe von etwa 1500 Metern. Hier ein Beispiel einer Ensembleprognose mit dem vorhergesagten Temperaturverlauf über Zürich:

Prognose des Temperaturverlauf auf etwa 1500m über Zürich für die kommenden
10 Tage. Ist die Rauchfahne schmal so ist die Zuverlässigkeit hoch, ab Sonntag (5. Feb.)
nehmen die Unsicherheiten bezüglich der Temperaturverhältnisse rasch zu.

Demnach dürfte die tiefste Temperatur auf 1500m ungefähr-18 Grad betragen. Damit fehlen noch etwa 3 bis 4 Grad zu den absolut tiefsten gemessenen Werten der vergangenen 50 Jahre. Die Temperaturen in den Niederungen können im Winter aber nur bedingt aus der Luftmassentemperatur abgeleitet werden. Hier spielen andere Effekte eine ähnlich grosse Rolle:
  • nächtliche Bewölkungsverhältnisse - klart es in der Nacht auf, so kann die Temperatur extrem rasch absinken
  • Windverhältnisse - ist es windstill, so kann die Temperatur in der Nacht ebenfalls rasch absinken, da die Luft in Bodennähe nicht durchmischt wird
  • Schneeverhältnisse - liegt Schnee am Boden, wird die nächtliche Abkühlung ebenfalls verstärkt
Die ersten zwei Punkte sind im Moment nicht wirklich optimal für extrem tiefe Temperaturen (Bise und Hochnebel). Dies könnte sich in den kommenden Tagen aber noch ändern. So ist es durchaus möglich, dass in den Niederungen erst zu Beginn der nächsten Woche die absoluten Tiefstwerte gemessen werden, wenn in der Höhe bereits wieder eine Erwärmung erfolgt.

Türlersee/ZH, 2. Februar 2012
Auf jeden Fall werden sicher die gefrierenden (kleineren) Seen zum Thema. Heute war ich am Türlersee (49ha, grösste Tiefe 22m). Dieser ist noch völlig eisfrei, ausser unmittelbar am Rand. Dies ist auch nicht verwunderlich bei den positiven Temperaturabweichungen im Dezember und Januar.
Aber ich denke, zufrieren wird der Türlersee in den kommenden Tagen auf jeden Fall. Die Frage ist, ob es für eine tragfähige Eisdecke reicht wie im Januar 2009. Damals waren die Verhältnisse zum Eislaufen wunderbar, auch die Kinder hatten ihre wahre Freude an einer speziellen Art der Fortbewegung.
Gefrorener Türlersee, 15. Januar 2009

Um die Chancen für eine Seegfrörni grob abzuschätzen, hilft die sogenannte Kältesumme. Hier werden einfach alle negativen Tagesmitteltemperaturen zusammengezählt.

Am 15. Januar 2009 lag dieser Wert für den Türlersee bei etwa -140, gefroren ist der See natürlich schon bei deutlich weniger tiefen Werten.

Aktuell befinden wir uns bei etwa -55. Nach weiteren 8 Tagen mit einer Mitteltemperatur von -10°C würde die Kältesumme -135 betragen. Damit wäre die Chance für eine tragfähige Eisdecke recht hoch....