Kommentare, Analysen und kurze Beschreibungen zu interessanten Wetterlagen oder Wetterphänomenen in der Schweiz

Donnerstag, 23. Februar 2012

Der verdunstende Niederschlag


Blick von Oberrieden/ZH über den Zürichsee nach Südosten zu den Glarner Alpen. Ausgedehnte Warmfrontbewölkung (As op, Altostratus opacus) bedeckt den Himmel. Darunter ist die Luft noch sehr trocken (gute Sicht), in Bodennähe befindet sich mit Schmutz angreicherte Kaltluft (Inversion).

Die Bewölkung einer wenig niederschlagsaktiven Warmfront hat heute den Himmel auf der Alpennordseite mit einem Einheitsgrau überzogen. Nacht einer frostigen Nacht stiegen die Temperaturen ohne Sonne trotzdem auf 5 bis 7 Grad.

Das Radar zeigte heute zu viel Niederschlag... (Quelle: Meteo
Schweiz, Ausbildungsunterlagen für Naturgefahrenberater)
Die Warmfront hatte zwar etwas Niederschlag im Gepäck, davon ist aber kaum etwas am Boden angekommen. Dies hat einen einfachen Grund: Ein Grossteil des Niederschlags ist auf dem Weg nach unten in der trockenen Luft verdunstet - ein häufig zu beobachtendes Phänomen bei einsetzendem Warmfrontniederschlag.

In diesem Fall wird man auch durch das Radarbild getäuscht, welches den Niederschlag in der Höhe natürlich sieht (s. Bild links und Radarbilder von heute).

Die erste Niederschlagsstaffel hat die Schweiz in den Morgenstunden erreicht. Am Boden war davon gar nichts zu spüren:

Radarbild von heute Morgen um 8.15h, dieser Niederschlag
hat den Boden nicht erreicht
Erst mit der zweiten, etwas stärkeren Niederschlagszone konnte im Laufe des Vormittags am Boden da und dort kurzzeitig wenig Regen beobachtet werden:

Radarbild von heute Vormittag um 10h (9UTC), kurzzeitig
wurde gebietsweise leichter Regen beobachtet.
Verlauf der Niederschlagsdauer ("Tropfenzähler") an der Station
Grenchen/SO. Auch der Beobachter am Flugplatz hat um
9.50 und 10.20 UTC leichten Regen gemeldet.

Mit Hilfe der verschiedenen Messsysteme für die freie Atmosphäre kann man problemlos feststellen, in welcher Höhe der Niederschlag verdunstet ist. Zudem lässt sich auch die Schneefallgrenze aus den Daten rauslesen, was heute besonders interessant war. Dazu habe ich die Daten des Windprofilers von MeteoSchweiz in Grenchen verwendet:

Verlauf der Vertikalgeschwindigkeit des windprofilers Grenchen. Details
im Text. Die Daten der europäischen windprofiler sind beim UK-Metoffice
frei verfügbar
Dargestellt ist der zeitliche Verlauf der Vertikalgeschwindigkeit in m/s vom Boden bis in 8 km Höhe. Ist Niederschlag in der Atmosphäre, so fällt dieser mit einer bestimmten Fallgeschwindigkeit zur Erde.

Bei Schnee beträgt diese relativ unabhängig von der Flockegrösse etwa 1 m/s (grüne Farben im Bild links). Bei Regen ist die Fallgeschwindigkeit von der Tropfengrösse abhängig, "normaler" Regen fällt mit einer Geschwindigkeit von etwa 4 m/s (violett).

Somit lässt sich für den heutigen Niederschlagsverlauf über Grenchen folgendes sagen: Ab etwa 5 UTC hatte es in 5 km Höhe etwas Schnee in der Luft. Bis um 8 UTC haben sich die Schneeflocken bis auf 2 km Höhe "hinuntergearbeitet".

Danach gab's ein stündige Niederschlagspause (auch in den obigen Radarbildern zu sehen). Ab 9 UTC hat der Niederschlag wieder eingesetzt, zwischen 9.30 und 10 UTC hat er dann den Boden erreicht. In Höhenlagen zwischen 1500 und 2000 Metern ist der Schnee in dieser Zeit geschmolzen (Zunahme der Fallgeschwindigkeit). Die anderen zwei windprofiler (Payerne und Schaffhausen) zeigten einen recht ähnlichen Verlauf.

Radiosonde Payerne vom Donnerstagmittag.
In der Folge ist die (theoretische) Schneefallgrenze sogar noch etwas angestiegen (auf ca. 2200m), wie die Radiosondierung vom Mittag in Payerne zeigt. Allerdings ist dann kein Niederschlag mehr gefallen.

Unterhalb von etwa 1800 Metern war die Luft weiterhin recht trocken, selbst am Boden wurden noch negative Taupunkte gemessen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen